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„Komplikationen durch permanente Filler im Gesicht – Alternativen“
Face International magazine of orofacial esthetics, 3/2010, Oemus Verlag

Autoren: Dr. Michaela Montanari, Dr. Andreas Arens, Prof. Dr. Jutta Liebau, Düsseldorf

_Komplikationen im Gesichtsbereich, ausgelöst durch Injektion von permanenten Fillern, sind für den Patienten oft mit entstellenden Auswirkungen verbunden und für die behandelnden Ärzte eine therapeutische Herausforderung.

Bereits 1900 wurden erste Behandlungen zur Gesichtsveränderung durchgeführt. Dieses erfolgte sicherlich unter anderen Bedingungen, mit anderen Methoden und anderen Produkten als dieses heute der Fall ist. Seither ist die Entwicklung bezüglich der Produktpalette kontinuierlich im Fluss. In regelmäßigen Abständen kommen neue Produkte auf den Markt, sodass mittlerweile eine Vielzahl abbaubarer und nicht abbaubarer Füllsubstanzen existiert. Diese Materialien sind zwar CE-zertifizierte Medizinprodukte, die hinsichtlich des Anforderungspotenzials dem Medizinproduktegesetz1 unterliegen, es handelt sich aber keinesfalls um verschreibungspflichtige Medikamente. Der Anwender ist gezwungen, die Produkte, die er verwendet, insbesondere hinsichtlich der gesundheitlichen Unbedenklichkeit kritisch zu überprüfen.

Als Indikationen für die Anwendung von Füllmaterialien sind einerseits ästhetische Aspekte zu nennen. Hier stehen die Behandlungen im Vordergrund, um auch im höheren Lebensalter Jugendlichkeit und Attraktivität zu erhalten. Auch die häufige Ansicht, dass attraktives Aussehen zu Erfolg im Berufsleben verhelfen und damit einer beruflichen Karriere förderlich sein kann, ist heutzutage nicht zu vernachlässigen. So ist nicht verwunderlich, dass sich auch Männer zunehmend diesen Behandlungen unterziehen.

Auf der anderen Seite besteht eine medizinische Indikation z.B. im Ausgleich von Faltenbildung nach starkem Gewichtsverlust, Fettverteilungsstörungen (Lipodystrophien), Autoimmunerkrankungen, die mit Gewebedystrophien einhergehen (z.B. Lupus profundus), sowie erworbenen oder angeborenen Gesichtsasymmetrien (z. B. bei der Facialisparese).

Biologisch nicht abbaubare Füllmaterialien, also sogenannte permanente Filler, lassen sich in drei Gruppen einteilen:

  • Injizierbares Silikon (PMS 350®, Bioplastique®)
  • Methacrylhaltige Präparate (Artecoll®)
  • Mischprodukte aus resorbierbaren und permanenten Substanzen (Dermalive®, Evolution®)

Bei der Anwendung permanenter Filler treten im Gegensatz zu nicht permanenten Fillern häufiger Spätkomplikationen auf. Diese entstehen oft erst Jahre nach der Behandlung und führen nicht selten zu unvorhersehbaren, dauerhaften und dramatischen Problemen für den Patienten. In der Folge sind häufig komplexe operative Maßnahmen erforderlich, verbunden mit mehrfachen operativen Schritten, und insbesondere im Gesichtsbereich aufwendigen rekonstruktiven Verfahren.

In unserer Sprechstunde sehen wir in regelmäßigen Abständen Patienten mit Komplikationen nach der Anwendung von permanenten Füllmaterialien in Gesicht und anderen Körperregionen.

Im Folgenden werden Beispiele mit ausgeprägten Folgen nach Injektionen der permanenten Füllmaterialien (Artecoll®, Dermalive® und Baumarktsilikon) im Gesicht demonstriert.

Fallbeispiel 1

Beispiel 1 zeigt eine 50-jährige Patientin nach Augmentation ihrer Glabellafalte durch Artecoll®. Diese Behandlung erfolgte vor zehn Jahren aus ästhetischer Absicht. Erst vier Jahre später entwickelten sich störende Verhärtungen und Knoten in dem injizierten Areal. Diese Granulome wurden im Folgenden mehrfach auswärts exzidiert. Bei ausgeprägter Rezidivfreudigkeit dieser Knötchen stellte sich die Patientin mit störenden und schmerzhaften Granulomen in unserer Sprechstunde vor. Die Patientin war psychisch belastet. Es störten Weichteilverhärtungen, die bis in den medialen Lidwinkel prolabierten (Abb. 1a-c). Auch die Narben nach Exzisionen in der Glabellaregion waren störend. Unter dem aktuellen Erscheinungsbild bestand für die Patientin ein weitaus höherer Leidensdruck als vor der initialen ästhetischen Behandlung.

Aufgrund der mehrfach erfolgten frustranen Exstirpationen haben wir zunächst eine konservative Therapie mit streng intraläsionärer Kortisontherapie in sechswöchigen Abständen durchgeführt. Der Verlauf einer möglichen Regression der Granulome durch die Kortisontherapie sollte vor weiterführenden Eingriffen zunächst abgewartet werden.

Fallbeispiel 2

Das weitere Fallbeispiel betrifft eine 47-jährige Patientin, welche vor zehn Jahren eine Augmentation ihrer Jochbeinregionen mit Dermalive® durchführen ließ. Einige Jahre nach der Behandlung kam es zu rezidivierenden Abszessen mit persistierender Fistelung auf der linken Seite (Abb. 2a-c). Weiterhin beklagte die Patientin starke Schmerzen in der Jochbeinregion. Bei der klinischen Untersuchung zeigten sich beidseits in der Jochbein-Wangenregion große, harte Tumore, welche sich auf der Unterlage als nicht verschieblich darstellten.

Es erfolgte die operative Revision mit präaurikulärem Zugang, um die Weichteiltumore zu entfernen. Im Rahmen des operativen Eingriffs zeigten sich ausgeprägte diffuse Verwachsungen mit Infiltration des Jochbeinperiosts sowie der umgebenden Muskulatur, insbesondere der Mm. zygomatici major und minor (Abb. 3), und Ummauerung von Gefäßen und Nerven, sodass uns eine vollständige Exstirpation nicht gelang. Das Weichteiltrauma durch die Operation war ohnehin schon sehr ausgeprägt (Abb. 4), sodass wir den Eingriff zunächst auf die Entfernung der größten Fremdkörperkonglumerate (Abb. 5) beschränkten. Die histologische Aufarbeitung des Präparates ergab die vermutete Fremdkörperreaktion.

Im weiteren Verlauf kam es zu einer deutlichen Regredienz der initial sehr ausgeprägten Weichteilschwellung und der Hämatome. Seitens der Patientin existierte der Wunsch nach einer erneuten Operation, mit dem Ziel der weiteren möglichen Entfernung der infiltrierenden Granulome. Der zweite Eingriff erfolgte ein Jahr später mit Restgranulomentfernung, Lidkantenanhebung links mittels Keilexzision am Unterlid sowie Aufhängung eines entepithelialisierten Tarsusstreifens am knöchernen Orbitarand (Abb. 6a, b).

Ein Ausgleich der entstandenen Konturasymmetrie wurde mit einer Eigenfetttransplantation (45ml) sechs Monate später ausgeglichen (Abb. 7a–c).

Fallbeispiel 3

Eindrucksvoll war die Anamnese einer 46-jährigen Patientin, die sich mit Rötungen, Teleangiektasien, multiplen Weichteilverhärtungen und Schmerzen im Gesicht (Abb. 8a–c) und an der Brust nach Injektion flüssigen Silikons vor fünf Jahren vorstellte. Weiterhin beklagte sie eine progrediente Gesichtsfeldeinschränkung.

Die Patientin offenbarte uns, dass ihr die Augmentation der beiden Körperregionen mit einem Medizinprodukt zu kostspielig gewesen sei. Aus diesem Grunde habe sie einen Baumarkt aufgesucht und ein flüssiges Silikonprodukt erworben. Gedanken, dass mögliche Unterschiede zwischen Baumarktprodukten und Medizinprodukten bestehen könnten, seien ihr nicht gekommen. Schließlich habe ihr eine gute Bekannte (es handelte sich nach ausdrücklichem Nachfragen um keine/n Ärztin/Arzt) dieses Präparat zur Verschönerung injiziert.

Im Rahmen einer mehrstündigen Operation wurden multiple Fremdkörpergranulome entfernt. Es kam im weiteren Verlauf (Abb. 9, 10) zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden, insbesondere der Gesichtsfeldeinschränkung, sowie der Teleangiektasien (Abb. 11).

Anhand des letzten Fallbeispiels kann sicherlich deutlich die Notwendigkeit einer genauen Anamnese aufgezeigt werden, um festzustellen, welche Produkte verwendet wurden.

Im Vergleich zu resorbierbaren Fillern ist bei der Anwendung permanenter Materialien in der Regel eine einmalige Behandlung erforderlich, bei der im Idealfall ein reaktionsloses Ergebnis resultiert. Dennoch sind Behandlungen mit permanenten Füllmaterialien mit einer höheren Komplikationsrate2 und der Gefahr von Spätfolgen3 mit irreversiblen Weichteilschäden behaftet.

Alternative Verfahren zur Volumenaugmentation

Aus diesem Grunde sollten unserer Meinung nach alternative Verfahren zur Volumenaugmentation in Erwägung gezogen werden. Hierzu stehen autologe Substanzen, wie Eigenfett oder Dermistransplantate oder heterologe biologisch abbaubare Materialien (Hyaluronsäure, Kollagen) zur Verfügung, die zu zufriedenstellenden und komplikationsarmen Resultaten führen können.4

Mit Hyaluronsäure lassen sich nach unserer Erfahrung gute und zufriedenstellende Ergebnisse erzielen. Mögliche Komplikationen beschränken sich im Wesentlichen auf allgemeine Komplikationen, die bei der Verwendung solcher Produkte auftreten können. Hierzu zählen Rötungen, Schwellungen, Schmerzen und Hämatome. Allergische Reaktionen, Hautnekrosen, Infektionen und Verfärbungen haben wir bei unseren Patienten nicht beobachtet.

Eine andere Möglichkeit des Ausgleichs von Konturunebenheiten besteht in der Verwendung von Eigenfett.5, 6

Fallbeispiel 4

Insbesondere HIV-Patienten, bei denen es zum Schwund des malaren Fettkörpers, am ehesten im Rahmen der antiviralen Medikation kommt, leiden unter der entsprechenden Stigmatisierung. Hier lässt sich ein guter Ausgleich des Volumendefizits mit Eigenfett erzielen (Abb.12a und b).

Fallbeispiel 5

Eine weitere Möglichkeit Eigengewebe als Füllmaterial zu nutzen, besteht in der Verwendung von Dermistransplantaten als resorptionsresistentes Füllmaterial.

Bei der Lupus-Pannikulitis, einer seltenen Autoimmunerkrankung, die nicht selten mit dem systemischem Lupus erythematodes assoziiert ist, kommt es durch vernarbende Einschmelzungen des subkutanen Fettes und der tiefen Dermis zu entsprechenden Defekten mit Prädilektion im Gesicht und an den Extremitäten, deren Ausgleich gut mit einem Dermistransplantat erfolgen kann. Bei gegebenenfalls vorbestehenden Narben ergibt sich somit ein geeigneter Zugang, um ein entsprechendes Transplantat zu entnehmen. Bei der im Bildmaterial (Abb.13a und b) dargestellten Patientin haben wir ein 12 x 8 cm großes Transplantat mittels Zugang einer bestehenden Sectionarbe vom Unterbauch entnehmen können, deepithelialisiert und geteilt, sodass für beide Gesichtshälften eine adäquate Volumenaugmentation zur Verfügung stand (Abb. 14 a–c). Die Fixierung erfolgte mittels Knotung über Präpariertupfer (Abb. 15).

Fazit

Zusammenfassend sind permante Filler mit dem Risiko ausgeprägter Spätkomplikationen, häufig verbunden mit irreversiblen Weichteilschäden, behaftet. Aufgrund der Vielfalt der zur Verfügung stehenden Materialen ist der Einsatz von permanenten Fillern gegenüber der Verwendung abbaubarer Substanzen und körpereigenen Gewebes aus unserer Sicht nicht zu empfehlen.

Stattdessen sollten abbaubare Substanzen oder körpereigenes Gewebe verwendet werden, bei denen es unserer Meinung nach lediglich zu reversiblen Komplikationen kommen kann.

Komplikationen, die nach der Verwendung von permanenten und nicht permanenten Füllmaterialien auftreten und beobachtet werden, sollten in sogenannten Fillerportalen wie z. B. www. bfarm.de, www.zentralregister-filler.de, www.fillerwelt.de gemeldet werden. Angesprochen fühlen sollten sich neben den Produktherstellern, Ärzte als Anwender und Nachbehandler von entsprechenden Komplikationen sowie die Patienten selbst. Nach Registrierung der Komplikationen und Füllsubstanzen erfolgt eine Auswertung, die Anwendern und Betroffenen wertvolle Informationen bezüglich Häufigkeiten von Nebenwirkungen, Art der Komplikationen nach Faltenunterspritzungen im Speziellen sowie Hinweise auf Behandlungsmöglichkeiten geben kann.

Aufgrund der wachsenden Vielzahl der zur Verfügung stehenden Produktpaletten sowie der aktuell steigenden Behandlungen sind Nutzungen solcher Melderegister ein unverzichtbares Instrumentarium, um zuverlässig, komplikationsarm und somit patientengerecht Behandlungen durchführen zu können.

Literatur
[1] Medizinproduktegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. August 2002 (BGBl. I S. 3146), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2326) geändert worden ist, Stand: Neugefasst durch Bek. v. 7.8.2002 I 3146; zuletzt geändert durch Art. 6 G v. 29.7.2009 I 2326
[2] B. C. Heinz1 · U. Ladhoff1 · Ch. Kahl2 · B. Rzany2 · D. von Mallek1, Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 2008 · 51:787–792, 1Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bonn, BRD · 2 dEBM, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Charité Berlin, BRD Vorkommnismeldungen zu injizierbaren Füllmaterialien, Auswertung des Medizinprodukte- Beobachtungs- und -Meldesystems in Deutschland
[3] Wiest, L.G. (2009) Spektrum der Komplikationen nach Behandlung mit injizierbaren Füllmaterialien J Ästhet Chir 2:95–104
[4] Lemperle G, Morhenn VB, Charrier U (2003) Human histology and persistence of various injectable filler sunstances for soft tissue augmentation, Aesth Plast Surg 27:354
[5] Coleman SR (1995) Long term survival of fat transplants: Controlled demonstrations. Aesthetic Plast Surg: 421–425
[6] Coleman SR (1997) Facial recontouring with lipostucture, Clin. Plast Surg. 24,2: 347–67

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Quelle: face, 3_2010